Montag, 13. Juni 2011

Gedenkfeier Dorothy Stangs im Inland von Pará ANAPÚ

Aus meinem 3. Quartalbericht:
 Unsere selbst gemachte „Feijoada“ – ein Nationalgericht – rote Bohnen mit Reis, zum Besuch meiner besten Freundin aus Deutschland.






Das Schild auf das geschossen wurde (nachfolgend berichtet)
Brasilien bekommt für mich nun mehr und mehr sein Bild. Ich fühle mich nun vollkommen integriert und habe meine festen Aufgaben, Rechte und Pflichten. Jeder weiß, wer ich bin, denn vorstellen muss ich mich nur noch sehr selten. Anders ist das mit den anderen Freiwilligen, die für eine kürzere Periode hier in Belém in der Kirchengemeinde und in den dazugehörigen Projekten ein Praktikum machen. Neu hinzugekommen sind Isabel (nun schon wieder in Deutschland), Vera (Finnisch) und Jessica (Deutsche). Eine Frau hat mal gesagt: „ Alle gehen weg, nur Ellen bleibt.“ Ich bin zwar von denjenigen, die momentan hier sind, wirklich die letzte, die geht, aber bleiben werde ich leider nur noch 2 Monate. Aber nun erstmal zu dem, was mich am meisten in dieser Periode geprägt hat: Das Wochenende Mitte Februar in „Anapú“, im Inland unseres Bundesstaates, der sich Pará nennt. Grund der 12-stündigen Busreise mit 3 Gemeindemitgliedern und meiner damaligen Mitbewohnerin Isabel war die Gedenkfeier des 6. Todestages von „Schwester Dorothy Stang“. Die pensionierte Pastorin unserer Gemeinde war eine sehr gute Freundin von Dorothy und hat sich zusammen mit ihr für mehr Gerechtigkeit im Bundesstaat eingesetzt

Dorothy Stang

Mit dem Lastwagen ins Schutzgebiet
DATEN zu DOROTHY: "Dorothy Mae Stang (* 7. Juni 1931 in Dayton, Ohio, Vereinigte Staaten; † 12. Februar 2005 bei Anapu, Bundesstaat Pará, Brasilien) war eine brasilianische katholische Ordensschwester und Umweltaktivistin US-amerikanischer Herkunft. Sie lebte über 30 Jahre in Brasilien. Dort setzte sie sich entschieden gegen die maßlose Abholzung der Regenwälder sowie für die Rechte der Landlosen ein, insbesondere im immer noch unterentwickelten und von der Justiz schwer zu kontrollierenden Norden und Nordosten des Landes. Wegen ihres Engagements war sie zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt und erhielt wiederholt Morddrohungen. 2003 hatte Dorothy Stang auf Grund des Irak-Krieges die US-amerikanische Staatsbürgerschaft aufgegeben und die brasilianische angenommen(...)." (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Dorothy_Stang) "Dorothy Stang hatte sich mehr als drei Jahrzehnte für den Schutz des Regenwaldes sowie für Landreform und eine nachhaltige Entwicklung eingesetzt. 1999 erreichte sie unter Mithilfe der staatlichen Umwelt- und Siedlungsinstitute ein "ländlich angepasstes und nachhaltiges Entwicklungsprogramm" PDS (Programa de Desenvolvimento Sustentável) für die Region von Anapu. Sie konnte im Landesinneren die beiden PDS-Siedlungsprojekte Virola Jatoba und Esperança errichten, wo an die 600 Familien eine neue Zukunft bekamen. Leider hatten sie von Anfang an mit großem Wiederstand einiger Großgrundbesitzer und Spekulanten zu rechnen. Immer wieder wurden die Siedler bedroht, eingeschüchtert und ihre Hütten angezündet. Am 12. Februar, als in Gemeinschaftsarbeit die zerstörte Hütte einer 10-köpfigen Familie wieder aufgebaut werden sollte und sie auf dem Weg dorthin war, wurde sie vom Pistoleiro Rayfran das Neves Sales erschossen. In den vergangenen zehn Jahren gab es laut Angaben der Landpastoral zwar mehr als 800 Tote bei Landkonflikten im Amazonasgebiet, es kam jedoch nur zu sehr wenigen Schuldsprüchen. Im Fall Dorothy Stang wurden erstmals zwei Fazendeiros als Auftragsgeber zu 30 Jahren Haft verurteilt (...). " (Quelle: http://www.pro-regenwald.de/news/2010/05/02/Zweiter_Auftraggeber)

Dorothy Stang wurde auf dem Weg zu einem Treffen im Regenwald mit 6 Schüssen aus dem Hinterhalt erschossen. 6 Jahre später bin ich nun hier: Grabstätte Dorothys

Dort wo sie gelebt und sich für die Rechte der Landarbeiter mit Leib und Seele eingesetzt hat. Es sind sehr viele Menschen hier, Verbündete im Kampf gegen den Staudammbau von Belo Monte, Menschrechts- und Umweltaktivisten. Alle spannen ihre Hängematten auf und baden im nahe gelegenen Fluss. „Dorothy hat das hier alles wieder aufforsten lassen, sie trät Verantwortung dafür, dass wir uns hier an diesem schönen Platz versammeln können und ihr Gedenken feiern können!“ Kaum zu glauben, dass ich auf dem zweiten Seminar des Nordelbischem Missionszentrums ein Referat über sie gehalten habe. Nun bin ich hier, weil es in Belém das „Comitê Dorothy“ gibt und dieses den Kontakt zu den Schwester hier in Anapú hält. Unglaublich beeindrucken für mich war erst einmal die enorme Artenvielfalt, die überwältigende Natur und die Stärke, die die Menschen hier in ihren Kampf für mehr Gerechtigkeit aufbringen und zusammentragen. Dorothy: „Eu nao corro risco da vida, mas os colonos sim. Eles têm família para sustentar.” (Ich gefährde nicht mein Leben. Die Landarbeiter schon, denn sie haben eine Familie zu ernähren.) Ein bedingungsloser Kampf, den sie jeden Tag bestritten hat und die noch mehr „Dorothys“ hervorgebracht hat.


In der Kapelle in Anapú

Es gab einen Gedenkgottesdienst, die Kirche war voller Menschen, ein deutscher Dokumentarfilmer war auch anwesend. Anstatt der Jesusfigur am Kreuz, war hinter dem Altar ein Landarbeiter aufgemalt. Das Kreuz ist ein Baum. Im Hintergrund erkennt man auf der einen Seite gerodete und abgefackelte Waldflächen und auf der anderen den noch erhaltenen Regenwald. Dazwischen sieht man viele ausgebeutete Arbeiter, aber auch Menschen, die sich dagegen auflehen so wie Dorothy. Josmi (+16.01.86) und Dorothy (+12.02.05) weisen mit ihren Händen auf die Ungerechtigkeit hin. Alle singen: „Lass den Traum von Dorothy nicht sterben, denn er ist gerecht!“ An diesem Ort, in der Mitte des Regenwaldes, an dem Grab von Schwester Dorothy Stang stand ich. Hingekommen sind wir alle mit einem LKW. 2 Stunden hat diese Fahrt gedauert, ich musste stehen, aber das machte überhaupt nichts. Sie ist in einem Regenwaldschutzgebiet gestorben und begraben worden. Unglaublicherweise soll dort trotzdem illegal abgeholzt werden, weil es angeblich Leute gibt, die in diesem Gebiet wohnen und sich bestechen lassen haben. Wir fuhren an einer aufgestellten Straßenbarriere vorbei, die genau dies bekämpfen will, an Familien die von Kakaostampefn leben und diesen Wald zum Überleben brauchen.

Ein Gefühl und eine Kraft, die ich nie vergessen werden kann. Neben ihrem Grab an einem Baum genagelt hängt ein Metallschild, das zeigt, dass der Kampf für die Gerechtigkeit (bezogen auf eine nachhaltige wirtschaftliche Nutzung des Regenwaldes) hier präsent ist. Auf dieses Metallschild wurde geschossen.




Straßensperre gegen illegale Abholzung

Zitate, die mich bewegt haben: „Für mich ist Dorothy ein Jesus der Wirklichkeit. Ihre völlige Hingabe zum Kampf für die Rechte der Unterdrückten. Was bringt es, wenn man jeden Tag in die Kirche geht, viel weiß, aber nichts davon lebt? “ „Dorothy hatte einen Traum und mit dem Tot von Dorothy blüht und lebt der dieser Traum in tausenden weiter!“
www.ellenembrasil.blogspot.com

An Dorothys Grab

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